Desinfektionsmittel: Alles, was Sie dazu wissen sollten

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Desinfektionsmittel

Geschrieben von GEP

4. November 2021

Desinfektionsmittel sind seit langer Zeit ein unentbehrlicher Bestandteil des Gesundheitswesens, aber auch in privaten Bereich und in der Arbeitswelt. Die Anwendungsmöglichkeiten, Typen und Einteilungskriterien sind mittlerweile so vielfältig, dass sie für den Laien kaum noch durchschaubar sind.

Insbesondere bei Fragen wie der Wahl der richtigen Variante für das richtige Einsatzgebiet, der Haltbarkeit oder der Wirkdauer bestehen viele Unklarheiten und Informationslücken. Dieser Ratgeber soll Ihnen einen Überblick über die wichtigsten Fakten verschaffen.

Desinfektionsmittel – eine Begriffsbestimmung

Der Begriff Desinfektionsmittel ist aus seiner Funktion abgeleitet, nicht aus seinen Bestandteilen. Als Desinfektionsmittel ist eine Substanz zu verstehen, die durch ihre chemischen Eigenschaften in der Lage ist, Mikroorganismen zu deaktivieren oder abzutöten. Auf diese Weise beugt sie einer möglichen Infizierung durch die Mikroorganismen vor – sie desinfiziert.

Desinfektion steht im Gegensatz zur Sterilisation, die ebenfalls die Abtötung von Mikroorganismen zum Ziel hat. Allerdings beseitigt die Sterilisation die Gesamtheit mikrobiologischen Lebens, während die Desinfektion nur auf bestimmte, für den Menschen schädliche Keime fokussiert ist.

Desinfektion hat also den gezielten Gesundheitsschutz zum Ziel, ohne dabei Mikroorganismen anzugreifen, die für den Menschen lebensnotwendig sind. Dabei geht es vor allem darum, bei der Population der Mikroorganismen bestimmte Untergrenzen nicht zu überschreiten, denn erst ab hier besteht Infektionsgefahr.

Diese Eigenschaften müssen Desinfektionsmittel aufweisen

Um ihre Aufgabe der Verhinderung eines Krankheitsausbruchs erfüllen zu können, müssen Desinfektionsmittel eine Reihe von Eigenschaften aufweisen:

  • Schnelle und umfassende Reduzierung von Keimen
  • Schnelle Wirksamkeit
  • Lange Haltbarkeit
  • Biologisch abbaubar
  • Ausreichende Wirktiefe
  • Geringe und gezielte Toxizität
  • Gute Verträglichkeit für Haut, offene Wunden und Schleimhaut
  • Geringe Geruchsbelastung

Zwei wesentliche Faktoren bestimmen die Eigenschaften eines Desinfektionsmittel: das Anwendungsziel und die Einwirkzeit, wobei beide Faktoren voneinander abhängen.

Desinfektionsmittel sind in der Regel darauf ausgerichtet, ganz bestimmte Mikroorganismen abzutöten, abhängig vom Einsatzgebiet. Das Mittel also einerseits keine Organismen angreifen, die nicht zum Wirkspektrum gehören, und andererseits auch nicht auf die umliegenden Hautregionen negativ einwirken.

Besonders wichtig ist diese Eigenschaft bei Operationen. Wird ein Desinfektionsmittel in eine offene Operationswunde eingebracht, darf es die offenliegenden Hautpartien und das Gewebe in keinster Weise angreifen.

Vom Einsatzgebiet hängt auch die Einwirkzeit ab, also die Zeitspanne, bis das Desinfektionsmittel seine volle Wirkung entfaltet. Das wiederum hängt davon ab, ob sich das Desinfektionsmittel gegen Viren oder Bakterien richtet.

Ein Virus ist von einer Eiweißhülle umgeben. Diese Hülle wirkt als bidirektionale Barriere: Sie verhindert einerseits das Eindringen unerwünschter Substanzen und bildet andererseits den Übergang für das genetische Material des Virus, um nach dem Austritt seine Umgebung zu infizieren.

Das Desinfektionsmittel muss vor dem Angriff auf das Virus zunächst die Eiweißhülle durchdringen. Aus diesem Grund benötigen Desinfektionsmittel gegen Viren eine längere Einwirkzeit, bis sie ihre volle Wirkung entfalten können. Desinfektionsmittel gegen Bakterien finden nur eine einfache Zellwand vor, die sie durchdringen müssen. Daher tritt ihre Wirkung erheblich schneller ein, in vielen Fällen bereits unmittelbar nach der Anwendung.

In diesem Zusammenhang spielt auch die Wirkdauer von Desinfektionsmitteln eine Rolle. Mittel mit kurzer Wirkdauer, beispielsweise Alkohollösungen, eignen sich nicht zur Bekämpfung von Virenbefall. Bevor das Mittel die Eiweißbarriere des Virus durchdrungen hat, ist seine Wirkung bereits verfolgen und das Mittel ist eine desinfizierende Wirkung kann sich nicht einstellen.

Funktionsweise von Desinfektionsmitteln

Desinfektionsmittel richten sich gegen die eiweißhaltigen Strukturen von Mikroorganismen und zerstören sie. Dieser Vorgang heißt Denaturierung. Einige Desinfektions-Varianten greifen gezielt Lipidmembranen an, zu denen auch die Eiweißhülle von Viren gehört.

Andere Mittel richten sich gegen die Nukleinsäuren in den Mikroorganismen. Spezielle Hilfsstoffe in Desinfektionsmitteln unterstützen die Wirkstoffe dabei, den Weg zum Wirkort zu finden.

Einteilung von Desinfektionsmitteln – ein komplexes Thema

Die Kategorisierung von Desinfektionsmitteln lässt sich nicht in einer einfachen Liste verwirklichen. Es gibt zu viele Kriterien, nach denen sich Desinfektionsmittel einordnen lassen. Einige der wichtigsten Kategorisierungen finden Sie hier.

Einteilung nach funktioneller Wirkungsweise

Desinfektionsmittel lassen sich nach der Methode einteilen, die sie zur Entfaltung ihrer Wirkung zur Anwendung bringen:

  • Denaturierung von Proteinen, beispielsweise durch Aldehyde oder Alkohole
  • Enzymhemmung, beispielsweise durch Zugabe von Schwermetallverbindungen
  • Veränderung der Nukleinsäuren, beispielsweise durch Zugabe von Persäuren
  • Oxidation, beispielsweise durch Abspaltung von Elektronen in den Keimen durch Wasserstoffperoxid
  • Senkung der Oberflächenspannung zur Steigerung der Anfälligkeit der Mikroorganismen, beispielsweise durch Zugabe von Phenolen

Einteilung nach Einsatzgebiet

Vier Einsatzgebiete decken fast das gesamte Anwendungsspektrum von Desinfektionsmitteln ab:

  • Hautdesinfektion: Hier geht es um die Beseitigung von permanent vorhandenen (residenten) und anfliegenden (transienten) Keimen. Für den Träger stellen diese Mikroorganismen kein gesundheitliches Problem dar. Erfolgt aber die Übertragung auf eine andere Person im Rahmen einer invasiven Maßnahme, kann sich der Keim dort ohne vorherige Desinfektion ungehindert ausbreiten. Desinfektionsmittel für die Haut basieren in der Regel auf Alkohol.
  • Oberflächendesinfektion: Sie gehört insbesondere im klinischen Bereich zum regulären Desinfektionsplan und umfasst die Desinfektion aller Flächen und Böden. Desinfektionsmittel für dieses Einsatzgebiet enthalten in der Regel Chloramine, Perverbindungen, Aldehyde oder kationenaktive Substanzen.
  • Instrumentendesinfektion: Bei diesem ebenfalls im klinischen Bereich angesiedelten Einsatzgebiet geht es um Präzisionsreinigung im feinmechanischen Bereich, um auch kleinste Vertiefungen zu erreichen. Desinfektionsmittel für medizinische Instrumente sollten daher wasserlöslich sein und schnell trocknen. Auch eine kurze Einwirkzeit ist in diesem Bereich von zentraler Bedeutung. Mittel für diesen Bereich enthalten meist Halogene oder kationenaktive Substanzen.
  • Trinkwasserdesinfektion: Dieses Anwendungsgebiet ist vor allem im klinischen Umfeld und in Alten- und Pflegeheimen von Bedeutung. Desinfektionsmittel für das Trinkwasser unterliegen besonderen Anforderungen: Sie müssen nicht nur alle pathogenen Organismen aussondern, sondern dürfen auch keine Rückstände hinterlassen, die dem Desinfektionsmittel selbst entstammen. Mittel für diesen Bereich enthalten meist Chlor, Chlordioxid, Ozon, Natriumchlorid oder Calciumhypochlorit.

Einteilung nach Mikroorganismus

Diese Form der Kategorisierung teil Desinfektionsmittel nach den Mikroorganismen ein, gegen die sie wirken. Die Zielfunktion ist in der Regel aus der Namensgebung ersichtlich:

  • Bakterizid: Diese Sparte richtet sich gegen Bakterien, die durch den Angriff durch das Desinfektionsmittel den Zelltod erleiden. Das bekannteste Bakterizid ist das Antibiotikum.
  • Viruzid: Dieser Desinfektionstyp richtet sich gegen Viren, hauptsächlich durch die endgültige Schädigung ihrer Nukleinsäuren. Das führt zur Deaktivierung oder Abtötung des Virus.
  • Sporizid: Dieser Typ bekämpft gezielt abgelegte Sporen. Zum Einsatz kommt er vor allem bei der Behandlung von Oberflächen, Trinkwasser und medizinischen Instrumenten. Zur Sporenbeseitigung auf der Haut oder Schleimhaut eignet sich allerdings eher Wasserstoffperoxid, das in der Anwendung weniger aggressiv ist.
  • Fungizid: Dieser Desinfektionstyp kommt vor allem bei Pilzbefall zur Anwendung, im medizinischen Bereich gewöhnlich Antimykotika genannt. Fungizide eignen sich nicht zur Anwendung bei Sporenbefall.
  • Levurozid: Dieser Typ gleicht im Wesentlichen dem Fungizid, lässt sich aber auch bei Befall durch Hefepilze einsetzen.

Die typische Eigenschaft eines Großteils aller Desinfektionsmittel ist ihre multitoxische Wirkungsweise. Mit anderen Worten: Sie lassen sich gegen unterschiedliche Typen von Erregern einsetzen. Ein einzelnes Desinfektionsmittel kann also unterschiedliche Zielfunktionen erfüllen.

So kann beispielsweise Peressigsäure als Bakterizid, Viruzid, Sporizid und Fungizid fungieren. Ähnliche Eigenschaften haben auch die Desinfektionstypen Formaldehyd, Ethylenoxid oder Natriumhypochlorit. Allerdings unterscheiden sich die verschiedenen Typen in den Schwerpunkten beim Kampf gegen die unterschiedlichen Erreger. Das letztendlich ideale Desinfektionsmittel hängt also vom konkreten Einsatzfall ab.

Einteilung nach behördlicher Klassifizierung

Für den Einsatz im medizinischen oder epidemiologischen Bereich spielen die Einteilungsklassen eine Rolle, wie sie von amtlichen Gesundheitsorganisationen vorgenommen werden. In Deutschland ist vorrangig das Robert-Koch-Institut (RKI) für die Klassifizierung von Desinfektionsmitteln zuständig.

Die amtliche Klassifizierung in der Bundesrepublik beruht auf zwei Kriterien. So gibt es zum einen die Einteilung nach Zielgruppen, zum anderen nach der Wirkstärke.

So lautet die Klassifizierung des RKI nach Zielgruppen:

  • B: Bakterizid
  • bV: behüllte Viren
  • uV: unbehüllte Viren
  • S: Sporizid
  • F: Fungizid

Das ist die RKI-Klassifizierung nach Wirkstärke:

  • A: Abtötung von vegetativen Bakterien, Myobakterien, Pilzen und Pilzsporen
  • B: Deaktivierung von Viren
  • C: Abtötung von Milzbranderreger-Sporen
  • D: Abtötung von Wundstarrkrampf- und Gasödem-Erregern

Während sich das RKI hauptsächlich auf die Klassifizierung von Desinfektionsmitteln für den medizinischen Bereich konzentriert, beschäftigt sich der Verbund für angewandte Hygiene (VAH) mit Einteilungssystemen für Privathaushalte und öffentliche Anstalten.

Die Liste des VAH enthält die komplette Übersicht über alle zertifizierten Produkte, mit einem besonderen Fokus auf prophylaktisch wirkende Mittel. Für alle Produkte sind die enthaltenen Wirkstoffe, Konzentrationen und Einwirkzeiten benannt. Die Liste kennzeichnet darüber hinaus auch die Desinfektionsmittel, die über ein gültiges Zertifikat der Deutschen Vereinigung zur Bekämpfung von Viruskrankheiten verfügen.

Die Liste des VAH ist hier einsehbar.

Auch der Industrieverband Hygiene und Oberflächenschutz bietet eine Klassifizierungsliste an, die für Angehörige unterschiedliche beruflicher Bereiche und das Gesundheitswesen konzipiert. Die Desinfektionsmittelliste ist online einsehbar.

Die Liste informiert über den Wirkgrad der einzelnen Produkte in Anlehnung an deutsche und europäische Normen. Rund 1.000 Desinfektionsmittel sind in der Liste des Industrieverbands katalogisiert.

Desinfektionsmittel haben ein Ablaufdatum

Abhängig vom Anwendungszweck gelten Desinfektionsmittel in Deutschland entweder als Biozide oder als Arzneimittel. In beiden Fällen besteht für hersteller die gesetzliche Verpflichtung, die Verpackung mit einem Verfallsdatum zu versehen.

Das Verfallsdatum hat vor allen Dingen haftungstechnische Gründe. Bis zum aufgedruckten Datum garantiert der Hersteller die versprochene Wirksamkeit und die sichere Anwendung. Das bedeutet allerdings nicht zwingend, dass das Desinfektionsmittel am Tag nach dem Ablaufdatum nicht mehr sicher und nicht mehr wirksam ist.

Allerdings spielen auch die Aufbewahrungsbedingungen bei der Haltbarkeit eine wichtige Rolle. Temperatur, Feuchtigkeit und Lichtverhältnis am Lagerort wirken sich oft drastisch auf die tatsächliche Haltbarkeit aus. Es empfiehlt sich daher aus Gründen der Anwendungssicherheit, Desinfektionsmittel nur bis zum Ablaufdatum einzusetzen. Im Gesundheitswesen ist das Ablaufdatum absolut verbindlich: Die Mittel dürfen danach nicht mehr zum Einsatz kommen.

Neben dem Ablaufdatum spielt auch die Nutzungsdauer nach Anbruch der Verpackung eine Rolle. Zahlreiche Hersteller von Desinfektionsmittel geben zusätzlich zum Ablaufdatum eine Nutzungsfrist an, in der das Produkt sicher in der Anwendung ist. Gewöhnlich beträgt diese Frist für Desinfektionsmittel zwischen sechs und zwölf Monate, für Desinfektionstücher vier bis zwölf Monate, gerechnet ab dem Tag der Öffnung der Verpackung.

Laut einer Empfehlung des Bundesgesundheitsministeriums sollte das Öffnungsdatum auf der Verpackung notiert werden. Das gewährleistet, dass das Desinfektionsmittel nur innerhalb der vom Hersteller empfohlenen Zeitspanne zur Anwendung kommt.

Desinfektionsmittel müssen entsorgt werden

Desinfektionsmittel jeden Typs dürfen keinesfalls mit dem regulären Müll entsorgt werden. Bei größeren menge, wie sie beispielsweise im Gesundheitswesen anfallen, ist die Beauftragung eines Entsorgungsunternehmens unerlässlich.

Kleiner Mengen aus dem privaten oder gewerblichen Umfeld müssen auf dem Wertstoffhof oder an einem Schadstoffmobil entsorgt werden. Eine Ausnahme bilden Desinfektionstücher: Sie dürfen dem Restmüll zugeführt werden.

Desinfektionsmittel im Haushalt: wirklich erforderlich?

Das Bundesministerium für Risikobewertung empfiehlt, auf Desinfektionsmitteln in Privathaushalten zu verzichten. Wenn Sie dennoch auf Desinfektionsmittel im privaten Bereich nicht verzichten möchten, beispielsweise in Fällen häuslicher Pflege oder bei Infektionen im Familienkreis, sollten Sie auf jeden Fall einige Richtlinien befolgen.

Das wichtigste Prinzip: sparsame Dosierung, besonders bei täglicher Anwendung. Auf diese Weise vermeiden Sie unnötige Belastungen der Haut, der Atemwege und des Abwassers.

Verwenden Sie wenn möglich Desinfektionstücher. Sie verfügen von Natur aus über eine niedrige Dosierung und lassen sich mit dem Restmüll entsorgen. Wenn Sie Flüssigmittel verwenden, sollten Sie sie sorgfältig auftragen. Flüssigmittel sollten Sie 30 bis 60 Minuten einreiben, um die volle Wirkung entfalten zu können.

Weniger gut geeignet sind Gele, da Sie sich weniger gut biologisch abbauen lassen als Flüssigmittel. Da sie auch bei der Wirkung gegenüber Flüssigmitteln keine Vorteile bieten, sollten Sie im privaten Bereich nach Möglichkeit auf ihre Anwendung verzichten.

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